Maßnahmen-Baukasten
Gestalten Sie Ihr eigenes Awareness-Konzept
Ziel aller Awareness-Maßnahmen ist es, dass alle Teilnehmenden in angemessenem Maß über die geltenden Verhaltensregeln informiert sind, diese sicher anwenden können und bei Vorkommnissen niedrigschwellig Hilfe erhalten. Je nach Art der Veranstaltung oder Zusammenkunft sind ganz unterschiedliche Maßnahmen sinnvoll und wirkungsvoll. Hier finden Sie eine Auswahl von Möglichkeiten, aus denen Sie für Ihren Bereich die passenden auswählen und umsetzen können. Wichtige Ergänzungen zu den Maßnahmen finden Sie außerdem im alphabetisch sortierten Awareness Glossar.
Für die Arbeit mit dem Baukasten gilt: Teilen erwünscht! Sammeln Sie gerne Ihre Erfahrungen mit den Maßnahmen und teilen Sie diese mit uns. Ideen für weitere wirkungsvolle Tools sind immer willkommen und können in den Maßnahmen-Baukasten aufgenommen werden. Das Büro für Gender und Diversity freut sich auf einen Austausch!
Aufklärung und Training in Form von Schulungen, Austausch und Zusammenarbeit ist die wichtigste Komponente der Bewusstseinsbildung zur Prävention von (sexueller) Belästigung, Diskriminierung und Gewalt sowie zur Gestaltung einer wertschätzenden, inklusiven und sicheren Unikultur. Obwohl sich die meisten Menschen, und ganz besonders Hochschulmitglieder, für aufgeklärt und ihre Umgangsformen für wertschätzend halten, gibt es viele „blinde Flecken“. Unbewusste Kommunikations- und Verhaltensweisen führen dabei immer wieder zu Grenzüberschreitungen und -verletzungen. Um diese zu erkennen und zu vermeiden, bedarf es Aufklärung und Training. Jedes Hochschulmitglied trägt Verantwortung für die eigene zwischenmenschliche Interaktion und den persönlichen und professionellen Wirkungs- und Einflussbereich. Schulungsangebote und Formate sollten daher in Tiefe und Ausrichtung an die jeweiligen Zielgruppen und ihre Aufgaben und Bedarfe angepasst werden, z.B. „von Studierenden für Studierende“, Schulungen für Führungskräfte, spezifische Schulungen oder Workshops für Teams, Arbeitsgruppen und Fachbereiche etc. Awareness-Arbeit ist work in progress und sollte regelmäßig betrieben und weiterentwickelt werden.
Safer Space bezeichnet einen betreuten und möglichst sicher gestalteten Raum innerhalb der Veranstaltung, in dem Teilnehmende sich zurückziehen, Hilfe bekommen, vertrauliche Gespräche führen oder einfach eine Weile ausruhen können. Da keine absolute Sicherheit garantiert werden kann, wird der Begriff im Komparativ verwendet: Räume sollen sicherer gemacht werden. Der Zutritt ist so reguliert, dass potentiell aggressive, störende oder grenzüberschreitende Menschen keinen Zutritt haben. Jederzeit ist mindestens eine (bzw. je nach Größe der Veranstaltung auch mehrere) geschulte Person(en), z.B. Vertrauenspersonen oder Mitglieder eines Awareness-Teams, vor Ort oder in kurzer Zeit abrufbar. Diese geschulten Personen sorgen für die Sicherheit des Raumes und stehen Schutz- und Hilfesuchenden als Ansprechpersonen zur Verfügung. Der Safer Space ist frei von Alkohol und Rauschmitteln und bietet eine ruhige und überschaubare Atmosphäre. Es kann je nach Veranstaltungsart in Größe und Ausgestaltung variieren, und z.B. ein eigener Raum, ein Zelt oder Pavillon oder auch ein flexibler Raum sein, der bei Bedarf geöffnet bzw. geschaffen wird. Der Safer Space muss klar ausgeschildert, bei allen Teilnehmenden bekannt und leicht aufzufinden sein.
Neben der Option, einen Safer Space auf der Veranstaltung zu integrieren, besteht auch die Möglichkeit, die gesamte Veranstaltung als Safer Space zu konzipieren. Das ist anspruchsvoller und erfordert ein sehr hohes Niveau an Qualifizierung, Awareness und besonders guter Veranstaltungskonzeption. Diese Option bietet sich jedoch für kleine und überschaubare Formate mit einem sehr hohen Awareness-Level durchaus an.
Vertrauenspersonen sind in der Regel Akteur*innen in einem bestimmten Setting oder bei einer Veranstaltung, die zusätzlich zu ihren eigentlichen Aufgaben diese Funktion übernehmen. Sie fungieren somit als Ansprechpersonen bei allen Formen von (sexueller) Belästigung, Diskriminierung und Gewalt. Vertrauenspersonen sollten in besonderer Weise für die zusätzliche Aufgabe qualifiziert sein, sie sollten persönlich geeignet und mit ausreichend Kapazitäten und allen nötigen Ressourcen für diese Zusatzaufgabe ausgestattet sein. Zudem ist es wichtig, dass Vertrauenspersonen Klarheit über ihre Rolle haben und keinen Interessenkonflikten ausgesetzt sind. Eine Vertrauensperson ist als „kleinstes Format“ eines Awareness-Teams zu verstehen und kann in verschiedenen Begegnungssituationen im universitären Kontext eine sehr gute Maßnahme sein, z.B. auf Exkursionen, bei Lehrveranstaltungen oder in Graduiertenzentren. Wie immer gilt es, die Vertrauensperson bei allen Teilnehmenden klar zu benennen und einen niedrigschwelligen Zugang zu schaffen, der es allen Beteiligten ermöglicht, sich in kritischen Situationen oder Belästigungs- und Diskriminierungsfällen vertrauensvoll an diese Stelle zu wenden.
Ein Awareness-Team ist eine Einheit besonders geschulter und qualifizierter Personen, die insbesondere bei einer größeren Veranstaltung mit höherem „Gefahrenpotential“ zum Einsatz kommen sollte. Wie bei Vertrauenspersonen ist es auch hier wichtig, dass die Teammitglieder Klarheit über ihre Rolle und Aufgaben haben und persönlich sowie fachlich geeignet sind, als zuverlässige Ansprechpersonen bei der Veranstaltung für Rat- und Schutzsuchende zur Verfügung zu stehen und angemessen mit Vorkommnissen umzugehen. Häufig bestehen Awareness-Teams aus ehrenamtlich Engagierten, die als flexibles Team zusammenarbeiten, sich regelmäßig weiterbilden und aktiv die Awareness-Maßnahmen gestalten und umsetzen. Neben der Qualifizierung und Steuerung der Awareness-Arbeit sind Teammitglieder je nach Bedarf auf jeweiligen Veranstaltungen in ihrer Rolle präsent: Sie betreuen beispielsweise in Schichten, bestehend aus mindestens zwei Personen, den Safer Space und sind als Ansprechpersonen in Fällen von Unsicherheit, kritischen Situationen sowie (sexueller) Belästigung, Diskriminierung und Gewalt jederzeit ansprechbar. Falls auf der Veranstaltung Alkohol oder Drogen konsumiert werden, ist es darüber hinaus wichtig, dass die Ehrenamtlichen nüchtern und in guter Verfassung sind, um professionell agieren und helfen zu können. Die Zusammenarbeit in einem Awareness-Team erleben viele Engagierte als sehr bedeutend und erfüllend. Im institutionellen Rahmen können die Organisation und Finanzierung von Schulungen sowie die Ausstellung von Bescheinigungen über ehrenamtliches Engagement zusätzliche Motivationsfaktoren für diese wertvolle Arbeit sein.
Unterschiedliche Begegnungsorte bieten unterschiedlich viel Sicherheit und bergen unterschiedliches Gefahrenpotential für Fälle von (sexueller) Belästigung, Diskriminierung und Gewalt. Daher gilt es, den Veranstaltungsort genau unter die Lupe zu nehmen: Gibt es abgeschiedene, dunkle Ecken? Wo sind Menschen potentiell alleine, wo in einer (ggf. schützenden) Gemeinschaft? Ist der Ort barrierefrei? Ist er generell geeignet oder sollten Alternativen erwogen werden? Welche Orte bieten größtmögliche Sicherheit, welche bergen besondere Gefahren? Wie muss die Veranstaltung örtlich und räumlich gestaltet werden, um möglichst sicher zu sein? Neben einer durchdachten Raumnutzung können auch zusätzliche Maßnahmen wie die Anwesenheit von qualifizierten Akteur*innen (Vertrauensperson, Awareness-Team, Security), eine bessere Beleuchtung, das bewusste Einziehen oder Öffnen von Wänden, Türen und Fenster oder gar die Installation von Sicherheitskameras zur erhöhten Sicherheit beitragen. Auch Überlegungen zu Kontaktmöglichkeiten, beispielsweise um Hilfe zu ersuchen, können hier relevant sein. Die Kriterien der Raumgestaltung gelten ebenso für virtuelle Veranstaltungen. Hier können z.B. „Guides“ in verschiedenen virtuellen Räumen durch ihre Präsenz für einen sicheren Ablauf und respektvollen Umgangston sorgen sowie als Ansprechpersonen fungieren. Im Rahmen akademischer Betreuungstreffen sind öffentliche Räume oder Campus-Räume Privaträumen vorzuziehen.
Die Wahl von Tages-, Wochen- oder Semesterzeiten spielt ebenfalls eine Rolle für die Gestaltung sicherer Räume und Begegnungssituationen. Legen Sie Veranstaltungen und Treffen immer in angemessene Zeitfenster, in denen beispielweise die meisten Orte durch Öffentlichkeit belebt sind und öffentliche Verkehrsmittel fahren. Veranstaltungen, die bis spät abends dauern oder zu unbelebten Uhrzeiten stattfinden, sollten vermieden werden. Sollte sich ein spätes Ende nicht vermeiden lassen, überlegen Sie, welche Maßnahmen zu einem sicheren Nach-Hause-Weg der Teilnehmenden beitragen können.
Eine einfache Maßnahme, um die Bewusstseinsbildung bei den Teilnehmenden zu erhöhen, auf die gewünschten Verhaltensweisen aufmerksam zu machen und über Maßnahmen oder Hilfestellen zu informieren, ist die deutliche Bekanntmachung an geeigneten Stellen. Poster, Flyer, Postkarten, Aushänge etc. bieten sich hier im analogen Raum an und können ebenso in virtuelle Settings eingebunden werden. Je nach örtlichen Gegebenheiten können z.B. der Eingangsbereich, die Toiletten, die Bar, das Schwarze Brett etc. genutzt werden. Überlegen Sie sich, was genau Sie kommunizieren möchten und wie die Ansprache inhaltlich und optisch ansprechend und verständlich ist. Zudem bieten breit gestreute und veröffentliche Informationen eine wichtige Grundlage, um sich in Fällen von Verstößen darauf zu berufen und bei Bedarf Konsequenzen anzuwenden. Achten Sie bei der Gestaltung des Materials darauf, dass alle gleichermaßen angesprochen werden: Potentielle Täter*innen werden gewarnt und potentiell Betroffene werden ermutigt, sich bei Vorkommnissen Unterstützung zu suchen. Und nicht zuletzt werden Beobachtende und Bezeugende ermutigt, sich bei Überschreitungen und unangemessenem Verhalten einzuschalten und die Verantwortung für einen respektvollen, sicheren Ort mitzutragen.
Awareness-Arbeit dient dazu, Fälle von (sexueller) Belästigung, Diskriminierung und Gewalt schon im Vorfeld zu vermeiden. Leider finden Grenzüberschreitungen jedoch immer wieder statt. Dann gilt es, diese zu bemerken und angemessen zu reagieren. Dies bedeutet, die Betroffenen bei der Bewältigung zu unterstützen und den Rahmen für sie wieder sicher zu gestalten sowie nach Möglichkeit das Fehlverhalten der verursachenden Person(en) zu sanktionieren. Ein professionelles Beschwerdemanagement ist komplex und gehört in die Hände von Fachpersonen. Laien haben selten ausreichende Kenntnisse und vertiefte Sozial- und Beratungskompetenz, um angemessen zu helfen. Zudem unterscheiden sich die Aufgaben und Möglichkeiten der Beratungs- und Kompetenzstellen je nach Art des Vorfalls und Anliegen des*der Betroffenen stark. Für Veranstaltende ist es daher besonders wichtig, professionelle Hilfe- und Beratungsstellen mit ihren Zuständigkeiten zu kennen und einen reibungslosen Übergang zu ihnen sicherzustellen. Dies kann sowohl durch die Bekanntmachung von entsprechenden Informationen, als auch durch die direkte Vermittlung in Bedarfsfällen erfolgen. Dazu ist es sinnvoll, engagierte und verantwortliche Personen (vgl. Vertrauensperson, Awareness-Team) jeder Veranstaltung zu einem gewissen Grad für eine kompetente „Awareness-Ersthilfe“, also eine Erst- und Verweisberatung, zu qualifizieren. Einen Überblick an Anlauf- und Beratungsstellen an der FAU und extern finden Sie hier.
Das virtuelle Umfeld mit seinen technischen Möglichkeiten und der Anonymität begünstigt anders gelagerte, jedoch ebenfalls sehr ernste Formen von (sexueller) Belästigung, Diskriminierung und Gewalt. Virtuelle Räume gilt es daher unter den Aspekten von Awareness ebenfalls sicher zu gestalten. Viele der hier aufgeführten Maßnahmen lassen sich auf virtuelle Räume und Veranstaltungen übertragen, zusätzlich sollten die spezifischen Gefahren virtueller Räume berücksichtigt werden, z.B. Stalking, Cyber-Mobbing oder die Verbreitung pornografischer Inhalte.
Der Konsum von bewusstseinsverändernden Substanzen beeinflusst das Verhalten erheblich. Gerade der Konsum von Alkohol geht mit einem erhöhten Risiko für Grenzüberschreitungen und -verletzungen einher. Alkohol und andere Rauschmittel sind zwar in formellen Unikontexten meist die Ausnahme, an den Schnittstellen zwischen Uni- und Privatleben jedoch besonders häufig (vgl. Bergkirchweih, Betriebsausflug, Erstsemesterparty, Exkursion). Aufgrund von universitären (Abhängigkeits-)Verhältnissen oder sozialer Erwünschtheit besteht häufig der Druck, sich an Aktionen in diesem Graubereich zu beteiligen. Um mehr Sicherheit zu schaffen, kann je nach Verantwortungsbereich abgewogen werden, den Konsum von Alkohol auszuschließen oder durch Empfehlungen zu regulieren. In jedem Fall ist es wichtig, das mit dem Konsum verbundene Gefahrenpotential für eine Veranstaltung zu reflektieren, Anwesende zu sensibilisieren und zu ermutigen, sich nicht aus sozialem Zwang oder sozialer Erwünschtheit zu einem Verhalten verleiten zu lassen, bei dem eigene Wohlfühl- und Sicherheitsgrenzen überschritten werden.
Der Einsatz von Personal eines Sicherheitsdienstes kann bei größeren Veranstaltungen sinnvoll oder sogar nötig sein. Hierbei kann unterschieden werden, auf welche Aspekte von Sicherheit sich deren Aufgabenspektrum konzentriert. Häufig umfasst der Service Zugangskontrollen, bei denen sichergestellt wird, dass nur berechtige und gewünschte Personen zur Veranstaltung kommen, darüber hinaus die Einhaltung von Verboten für die Veranstaltung wie das Mitbringen von Alkohol, Drogen, Glasflaschen, Waffen oder Feuerwerkskörpern. Gegebenenfalls kann die Security ein Alkoholverbot durchsetzen sowie die Einhaltung des Jugendschutzgesetzes sicherstellen. Bei Verstößen gegen die Veranstaltungsregeln sowie bei wie Pöbeleien oder Schlägereien setzt die Security das Hausrecht durch oder alarmiert im Bedarfsfall die Polizei. All dies können Aspekte der Awareness-Arbeit sein, die durch einen professionellen Service geleistet werden können. Häufig sorgt die Anwesenheit von Security bei den Anwesenden für ein sicheres Gefühl und kann daher zur Prävention von Fehlverhalten beitragen. Gleichwohl darf nicht unterschätzt werden, dass es unter den Anwesenden auch Menschen geben kann, die negative Erfahrungen mit Security bzw. formellen Ordnungshütenden gemacht haben (z.B. Racial Profiling, Polizeigewalt etc). Darüber hinaus sollten Veranstaltende sich klar darüber sein, dass Securitys in der Regel nur für die Einhaltung härterer Kriterien von Gewalt, der Missachtung von Verboten oder Grenzüberschreitungen ausgebildet sind. Für weichere Aspekte, wie sie im Rahmen der Awareness-Arbeit ebenfalls zu berücksichtigen sind, sind Mitarbeitende von Sicherheitsdiensten in der Regel nicht qualifiziert, so dass eine Verschränkung mit weiteren Maßnahmen wichtig ist.
Bei Triggerwarnungen handelt es sich um eine von den Veranstaltenden gegebene Vorwarnung über im Rahmen der Veranstaltung gezeigte und möglicherweise „triggernde“ Inhalte. Dies können z.B. gewaltvolle, sexistische oder rassistische Szenen, Texte oder Bilder sein, die von manchen Teilnehmenden als verletzend empfunden werden oder bei Menschen mit Gewalterfahrung gar eine Retraumatisierung auslösen können. Durch die Vorwarnung haben betroffene Menschen die Möglichkeit zu entscheiden, ob sie sich der Situation aussetzen, diese meiden möchten oder bestimmte Rahmenbedingungen ihnen zu mehr Sicherheit verhelfen können. Zudem trägt die Triggerwarnung dazu bei, auch Menschen zu sensibilisieren, die selbst nicht betroffen sind, und erhöht somit die Bewusstseinsbildung (Awareness) für die Bedingungen von Wohlergehen und Sicherheit für alle Beteiligten.
Es kann passieren, dass eine Person sich in einer Situation bedrängt, belästigt oder bedroht fühlt und Hilfe benötigt, in der sie nicht offen kommunizieren kann oder möchte. Für solche Situationen kann ein Code-Wort oder Zeichen vereinbart werden, dass allen in Awareness geschulten Mitarbeitenden wie z.B. dem Thekenpersonal oder Vertrauenspersonen bekannt ist. Mit diesem Zeichen bzw. Code-Wort kann eine betroffene Person unauffällig um Hilfe bitten und Unterstützung erhalten. Bekannt in der Club- und Kulturszene ist beispielsweise der Satz „Ist Luisa da?“. Natürlich können auch andere Codes vereinbart werden, wobei darauf zu achten ist, dass diese bei den potentiell Betroffenen ebenso wie möglichen Unterstützer*innen ausreichend bekannt sind. Dies kann z.B. durch Aushänge in den Toiletten sowie die entsprechende Schulung des Awareness-Teams, Organisations-Teams oder Thekenpersonals umgesetzt werden. Die Implementierung eines Code-Satzes enthebt die Veranstaltenden jedoch nicht von der Verantwortung, bereits im Vorfeld und während einer Veranstaltung Maßnahmen zu ergreifen, die (sexuelle) Belästigung, Diskriminierung und Gewalt verhindern bzw. sanktionieren.
Situationen, in denen zwei Personen alleine sind, sind besonders anfällig für Grenzüberschreitungen. Gerade im universitären Kontext kann besonders geprüft werden, ob diese Situationen notwendig und sinnvoll sind, bzw. unter welchen Bedingungen sie dennoch sicher gestaltet werden können. Im Sinne der Prävention von grenzüberschreitendem Verhalten, (sexueller) Belästigung, Diskriminierung, Gewalt und Machtmissbrauch gilt dies in besonderem Maß für Treffen in Betreuungsverhältnissen und Prüfungssituationen. Sowohl Verantwortliche, die den jeweiligen Rahmen gestalten, als auch Teilnehmende sollten daher abwägen, ob ein 1:1-Setting tatsächlich nötig ist, ob ein Mehr-Personen-Prinzip angewandt werden kann und mit welchen Maßnahmen zusätzliche Sicherheit geschaffen wird. So kann beispielsweise bei einer persönlichen Besprechung oder Beratung die Bürotür offen oder angelehnt bleiben oder ein*e Student*in/Mitarbeiter*in können in Begleitung einer Vertrauensperson kommen.
Eine wichtige Säule der Awareness-Arbeit bildet eine Öffentlichkeitsarbeit, in der aktiv für Formen von (sexueller) Belästigung, Diskriminierung und Gewalt sensibilisiert und ein bewusster Umgang durch Aufklärung, Enttabuisierung und das Aufzeigen von Handlungsmöglichkeiten angestrebt wird. Interessierte und potentielle Teilnehmende (z.B. Studieninteressierte) erhalten so einen wirkungsvollen Eindruck, welchen Stellenwert ihr Wohlergehen und ihre Sicherheit bei der Veranstaltung oder der Einrichtung hat. Neben der Öffentlichkeitswirksamkeit und der breiten Sensibilisierung sind Soziale Medien darüber hinaus sehr gut zur thematischen Vernetzung geeignet und bieten viel neue Inspiration und Austauschmöglichkeiten bei der Weiterentwicklung der Awareness-Arbeit.
Grundlage jeder Veranstaltung und jedes institutionellen Settings sollte es sein, dass alle Teilnehmenden und Beteiligten genau wissen, welches Verhalten in diesem Kontext angemessen und gewünscht ist und welches nicht. Auch im universitären Umfeld können verschiedene Formen von (sexueller) Belästigung, Diskriminierung und Gewalt erfasst werden. Erwartungen an ein wertschätzendes, faires, kollegiales, diskriminierungs- und belästigungsfreies Verhalten müssen daher auf geeignete Weise und an passender Stelle immer wieder explizit gemacht werden. Länge, Ausführlichkeit, Medium und Art der Formulierung sollten dabei auf die jeweilige Situation und Zielgruppe abgestimmt sein. Generell ist es empfehlenswert, eher gewünschtes Verhalten zu erklären und auf Aufklärung, Verständigung und Kooperationsbereitschaft zu setzen. Durch das explizite Veröffentlichen dieser Verhaltensregeln, z.B. in einem Code of Conduct, erhöht sich die Verbindlichkeit bei den Anwesenden. Im Falle von Missachtung kann sich darauf bezogen werden und eventuelle Sanktionen können konsequent umgesetzt werden.
Wie das Awareness-Team sind Awareness-Scouts besonders geschulte Akteur*innen, die durch Weiterbildung, Austausch und Maßnahmengestaltung aktiv an der Umsetzung sicherer und barrierefreier Räume und Veranstaltungen mitwirken. Im Unterschied zu den Awareness-Teams, die sich eher für einzelne Events zusammenfinden, können die Scouts auch längerfristige Arbeitsgruppen in Projekten oder Awareness-Daueraufgaben übernehmen und in besonderer Weise als Multiplikator*innen und Netzwerker*innen an der Universität wirken.
Frauentoiletten können per se als Safer Spaces betrachtet und genutzt werden, insbesondere wenn es um (sexuelle) Belästigung, Diskriminierung und Gewalt gegenüber Frauen und ausgehend von Männern geht (80%). In der Regel ist es gesellschaftlich anerkannt, dass Cis-Männer keine Frauentoiletten betreten, so dass Frauen hier unter sich und sicherer sind. Entsprechend können Frauentoiletten genutzt werden, um Informationen zu Awareness-Maßnahmen (z.B. Safer Space, Awareness-Team, Beratungsstellen, Code-Satz etc.) bereit zu stellen. Zudem tragen saubere, gepflegte und umsichtig ausgestattet Toilettenräume (z.B. mit kostenlosen Hygieneartikeln) wesentlich zu einer Wohlfühlatmosphäre mit Rückzugsoption bei. Ebenfalls wichtig in Punkto Toiletten ist das Vorhandensein barrierefreier WCs sowie die Einrichtung von All-Gender-Toiletten, um inter*, trans*, nicht-binäre und gendernonkonformen Menschen einen Raum zu bieten, in dem sie bestmöglich vor diskriminierenden Erfahrungen geschützt sind.
Awareness-Arbeit bedeutet, sich Tabus zu stellen. Nur wenn Missstände bekannt sind und klar benannt werden, kann aktiv an deren Beseitigung gearbeitet werden. Denn leider sind Hochschulen keine „enlightended organisations“, sondern sogar ganz besonders anfällig für (sexuelle) Belästigung, Diskriminierung und Gewalt, u.a. in Folge von universitätstypischen Machtasymmetrien. Vor diesem Hintergrund gilt es, auch unbequeme Tatsachen anzuerkennen, klar zu benennen und keine Angst vor einem Imageschaden zu haben. Ein aufgeklärter, enttabuisierter Umgang und die aktive Prävention von jeglichen Formen von (sexueller) Belästigung, Diskriminierung und Gewalt ist ein Zeichen von Fortschritt und Bewusstseinswandel und heutzutage ein Muss für eine konkurrenzfähige und zukunftsweisende Universität. Tabuisieren, Verdrängen, Ausblenden und Ignorieren sind destruktive Verhaltensweisen, die Fehlverhalten begünstigen, anstatt es zu bekämpfen. Mit Tabus zu brechen, hinzusehen, hinzuhören, sich einzubringen und positive Maßnahmen umzusetzen ist daher die gemeinsame Verantwortung aller Universitätsmitglieder.
In der Auslegung und Betrachtung von Fällen (sexueller) Belästigung, Diskriminierung und Gewalt wird häufig über Einwilligung und Einverständnis diskutiert. Um schon im Vorfeld größtmögliche Klarheit zu schaffen, ist eine gute Informationsgrundlage aller Beteiligten durch passende Schulungen und Informationsmaterialen von größter Bedeutung (Qualifizierung/Schulung). In fragwürdigen Situationen wie bei Flirts, körperlichen Annährungen und auch jeglichen Aussagen oder Handlungen, die den professionellen Kontext verlassen und ins Private übergehen, ist daher die Regel „Ja heißt Ja“ unbedingt gegenüber der Regel „Nein heißt Nein“ zu bevorzugen.
Neben Einzelsituationen bezieht sich „verbindliche Zustimmung“ im Rahmen von Awareness-Arbeit außerdem auf die explizite Gestaltung und Beschreibung von gewünschtem und erwartetem Verhalten für das gesamte Setting, beispielsweise in einem Code of Conduct. Durch dessen Veröffentlichung sind alle Anwesenden ausdrücklich aufgefordert, sich bewusst zur Einhaltung dieser Regeln zu bekennen. Dieses Bekenntnis kann durch gezielte Werkzeuge noch deutlicher eingeholt werden. So können die Teilnehmenden z.B. im Zuge einer Anmeldung mit ihrer Unterschrift oder dem Setzen eines Hakens dazu aufgefordert werden, ihre Kenntnis und Einhaltung der Regeln aktiv zu bestätigen.
Ein besonders niedrigschwelliges Angebot stellt neben den professionellen Hilfe- und Beratungsstellen eine anonyme Beschwerdestelle, z.B. in Form eines „Kummerkastens“ oder einer „Beschwerde-Box“ dar. Diese Option ist unbedingt ausreichend von den formellen Anlaufstellen zu unterscheiden. Ihre Funktion kann durch die Anonymität nur bedingt zur Hilfestellung, Aufklärung oder Konsequenzen im Einzelfall beitragen. Ihre Funktion liegt vielmehr darin, Veranstaltenden wichtige Hinweise auf unangemessene Vorkommnisse im Rahmen der Veranstaltung zu bieten und mit geeigneten Maßnahmen gegenzusteuern. Vielen Betroffenen fällt es zunächst leichter, negative Erfahrungen im Schutze der Anonymität mitzuteilen, da sie zwar eine Veränderung der Situation und Rahmenbedingungen bewirken und sich mitteilen möchten, gleichzeitig aber möglicherweise negative Konsequenzen für sich selbst fürchten oder sich aus Scham nicht „outen“ möchten. Eine Stelle, an der Erfahrungen anonym mitgeteilt und gesammelt werden, kann maßgebliche Erkenntnisse über die Formen von (sexueller) Belästigung, Diskriminierung und Gewalt in einem bestimmten Umfeld liefern und den Verantwortlichen wichtige Hinweise zur Gestaltung geeigneter Awareness-Maßnahmen geben. Gleichwohl ist es wichtig bei den Teilnehmenden Klarheit darüber zu schaffen, dass diese Form der Meldung nicht zur direkten Hilfestellung und der Bearbeitung von Einzelfällen dienen kann und ihnen, falls gewünscht, formelle und nichtanonyme Beschwerdewege zur Verfügung stehen.
Sprache beeinflusst unser Denken, Bewusstsein, und unsere Wahrnehmung, steuert unsere Bewertung von Sachverhalten, spiegelt und transportiert Werthaltungen und schafft damit Wirklichkeit. Durch einen gender- und diversitätssensiblen Sprachgebrauch können wir als Universität dazu beitragen, alle Menschen gleichermaßen zu berücksichtigen und zu adressieren und dadurch erfolgreiche und gewaltfreie Kommunikation zu unterstützen. Gender- und diversitätssensible Sprache dient der Förderung eines respektvollen, zeitgemäßen Sprachgebrauchs, der alle Menschen gleichermaßen wertschätzt, berücksichtigt und adressiert.